"Menschen und Tiere" oder "Menschen und andere Tiere"

"Menschen und Tiere" oder "Menschen und andere Tiere"

Im Diskurs um Tierrechte tauchen oft subtile, aber bedeutende sprachliche Differenzierungen auf: Sollen wir von "Menschen und Tieren" oder von "Menschen und anderen Tieren" sprechen? Sollten wir von „tierisch“ oder von „tierlich“ (ähnlich wie „menschlich“) sprechen? Auf den ersten Blick mögen diese Unterschiede unbedeutend erscheinen, doch sie bergen eine tiefere Bedeutung, insbesondere wenn es um die ethische Betrachtung von nicht-menschlichen Tieren geht.

Biologie: Menschen als Tiere

Beginnen wir mit den harten Fakten der Biologie: Der Mensch gehört unbestreitbar zum Tierreich. Genetisch und evolutionär betrachtet sind wir Säugetiere, gehören zur Klasse der Primaten und teilen eine enge Verwandtschaft mit anderen Tierarten, insbesondere mit den Menschenaffen wie Schimpansen und Gorillas. Aus biologischer Sicht gibt es also keinen Grund, Menschen nicht als Tiere zu bezeichnen. Unsere Organsysteme, unser Stoffwechsel und sogar unser Verhalten weisen viele Parallelen zu anderen Säugetieren auf.
Der Ausdruck "Menschen und andere Tiere" hebt diese biologische Realität hervor. Er erinnert uns daran, dass wir keine getrennte Kategorie darstellen, sondern Teil eines viel größeren Netzes von Lebewesen sind. Es ist eine Art, die menschliche Sonderstellung infrage zu stellen und uns als einen von vielen Akteuren im Tierreich zu verstehen.

Die philosophische Debatte: Sonderstellung des Menschen?

Philosophisch gesehen ist die Frage weitaus komplexer und polarisierender. Die traditionelle westliche Philosophie hat den Menschen seit Jahrhunderten als Homo sapiens in eine Sonderposition erhoben. Der Mensch galt – und gilt in vielen philosophischen Schulen noch immer – als das animal rationale, das vernunftbegabte Tier, das sich durch seine Intelligenz und sein Bewusstsein vom Rest der Tierwelt abhebt.
René Descartes prägte beispielsweise das Bild des Tieres als einer Art "biologischer Maschine", die nicht in der Lage ist, wirklich zu denken oder zu fühlen. Diese Sichtweise, auch wenn sie heute vielfach widerlegt und als veraltet angesehen wird, hat lange Zeit unser ethisches Verhältnis zu Tieren bestimmt. Tiere wurden als bloße Werkzeuge oder Ressourcen betrachtet, deren Wert primär in ihrem Nutzen für den Menschen liegt.
Auf der anderen Seite gibt es Philosophen wie Peter Singer und Tom Regan, die für eine radikale Neubeurteilung des menschlichen Umgangs mit Tieren plädieren. In Singers Werk "Animal Liberation" etwa wird deutlich gemacht, dass die Fähigkeit, Leid zu empfinden, das zentrale Kriterium für moralische Berücksichtigung sein sollte. In dieser Perspektive wird der Mensch als "ein weiteres Tier" betrachtet, dessen Interessen nicht automatisch über denen anderer Arten stehen sollten.

Sprache als Instrument der Tierethik

Die Frage, ob wir von "Menschen und Tieren" oder "Menschen und anderen Tieren" sprechen, ist also keine bloße Wortklauberei. Sprache formt unser Denken und unsere Wahrnehmung der Welt. Indem wir von "anderen Tieren" sprechen, betonen wir unsere Gemeinsamkeiten mit der Tierwelt. Wir rücken den Menschen nicht mehr als Ausnahme oder Krone der Schöpfung in den Vordergrund, sondern als einen Teil eines großen Ganzen.
Dieses Bewusstsein wollen wir auch mit unseren veganen Kinderbüchern fördern, indem wir schon bei den Kleinsten Empathie und Verständnis für andere Tiere wecken. Solche sprachlichen Feinheiten und Bildungsmittel können dazu beitragen, das Bewusstsein für die Rechte und das Wohl von Tieren zu schärfen und sie nicht länger nur als Objekte oder Ressourcen zu betrachten.

Biologie und Ethik vereinen?

Letztlich hängt die Wahl zwischen "Menschen und Tieren" oder "Menschen und anderen Tieren" davon ab, welche philosophischen und ethischen Grundannahmen wir vertreten. Biologisch gesehen gibt es keinen Zweifel daran, dass der Mensch ein Tier ist. Die Verwendung der Formulierung "Menschen und andere Tiere" könnte daher zu einem Umdenken beitragen, das den Menschen nicht mehr als isoliert und übergeordnet betrachtet, sondern als Teil eines größeren Netzwerks des Lebens.
Für Tierrechtler ist diese sprachliche Feinheit ein Mittel, um ethische Gleichheit zwischen Menschen und anderen Lebewesen zu betonen. Für viele traditionelle Denker hingegen markiert die Sonderstellung des Menschen eine klare Grenze, die es zu verteidigen gilt.
Am Ende bleibt die Frage: Wie wollen wir uns selbst und unsere Beziehung zur Tierwelt definieren? Sind wir die überlegenen Herrscher oder einfach nur Mitbewohner dieses Planeten? Die Antwort darauf liegt auch in den Worten, die wir wählen.